Oktober 2013

Standruhe


Einleitung


Seit vielen Jahren habe ich mich darauf spezialisiert, auf Drückjagden meine Hunde vom Stand aus zu schnallen. Ein guter Stöberhund muss auf diesem Gebiet folgendes leisten:

A. Souveräne Aufnahme der Suche, weiträumiges Jagen.

B. Möglichst sichere, zwischenzeitliche und letztlich endgültige Wiederkehr an  

    den Stand.

C. Ruhiges Ablegen am Stand, solange er nicht zum Jagen unterwegs ist.

 

In dieser Abhandlung geht es um Punkt C.

Prüfungstechnisch sind die Fächer Leinenführigkeit und Standruhe „Pippifax“ gegenüber dem, was uns in der rauen Praxis erwartet.

Es gibt Nebenschauplätze vor oder während des Treibens. Wenn wir wollen, dass uns unsere Hunde die Lust am Jagen nicht verhageln, müssen sie sich auf dieser Bühne adäquat verhalten. Dafür sollten wir, die Führer, etwas tun.

 

Allgemein


Nur sehr selten ist die Situation so: Aussteigen aus dem Auto – aufrüsten - Hunde an die Leine – Einweisung - Stand aufsuchen - Stand einnehmen - Hund schnallen. Letzteres läuft oft zeitversetzt ab, d.h. die Hunde werden erst einige Zeit nach der Standeinnahme ins Treiben geschickt.

Das kann verschiedene Gründe haben:

1.  Das Treiben beginnt in der Regel, bei gut organisierten Jagden, nach der Standeinnahme.

2.    Es gibt Weisungen seitens der Jagdleitung, Hunde nach Einsatzgebiet, Qualität oder Zeitintervallen gestaffelt einzusetzen.

3.    Die persönliche Einsatzplanung beinhaltet, sich zeitlich nicht dem ersten „Angriff“ anzuschließen, sondern die erste, zweite oder dritte „Welle“ abzuwarten oder besser: Den eigenen Hund erst dann zu schnallen, wenn sich der erste große Klamauk gelegt hat.

4.    Sollten von mir zwei oder drei Hunde mit auf den Stand genommen werden, darf grundsätzlich nur einer zurzeit jagen.

5.    Ich nehme einen jungen Hund mit, der die gesamte Zeit mit mir am Stand verbringt (Standgewöhnung).

 

Punkt 5 ist für meine Hunde die Ausgangssituation, d.h. jeder meiner wackeren Gesellen erlebt die Prozedur des geduldigen Abwartens.

Ausgangsbasis für das ruhige Verhalten am Stand ist die Leinenführigkeit und das sichere Ablegen. Das „Benehmen“ an der Leine ist natürlich nicht nur auf das direkte „Führen“ beschränkt, sondern beinhaltet das generelle Verhalten unseres Vierläufers „an der Strippe“! Bevor ich meinen jungen Hund mit auf den Stand nehme, ist eine Abrichtung an der Leine, bis hin zum Ablegen, zwingende Voraussetzung.

 

Durchführung


Am Stand angekommen, ist es erste Hundeführerpflicht, den Hund mit der Leine zu befestigen. Möglichst nicht am Drückjagdbock, sondern bestenfalls einige Meter weiter, um den Hund im Blick zu haben und unliebsame Geräusche und Bewegungen nicht auf das Holzgestell übertragen zu lassen. Erst dann wird der Sitz eingenommen. Die persönlichen Antennen bleiben fortwährend auf den Hund gerichtet. Wie in vielen anderen Lebenslagen gilt hier auch: „Wehret den Anfängen“. Konsequent müssen die leisesten Regungen des Jagdgefährten beobachtet und ggf. unterbunden werden. Nicht nur, um sich das eigene jagdliche Erleben durch Unruhe nicht vermiesen zu lassen, sondern damit „gewisse Dinge“ nicht einreißen. Hunde erfassen sehr schnell, bei wem sie sich wann - was erlauben können. Es wird immer wieder ausgetestet, wo die Grenzen sind.

Sobald sich unruhige Bewegungen oder Lautäußerungen beim abgelegten Hund zeigen oder hören lassen, kann man versuchen, den Hund in leisem Tonfall mäßigend zu beruhigen. In der Regel wird das nicht genügen! Im Gegenteil: Eine solche Ansprache wirkt häufig motivierend, sich mit Herrchen ausgiebig unterhalten zu wollen. Ein klares Kommando schafft klare Verhältnisse! Sollten deutliche Worte nicht „greifen“, empfehle ich leichte Wurfgeschosse: Zapfen, kleine Holzstücke, ein Schluck Tee. Manchmal reicht das Aufschlagen dieser Gegenstände neben dem Hund, wenn nicht, ...!

Vor wenigen Tagen hatte ich Schimanski mit elf Monaten das erste Mal für ca. vier Std. mit am Stand! Es kam tatsächlich der starke Hirsch, andere Hunde, Treiber – alles das, was man sich wünscht! Am wenigsten Verständnis zeigte er dafür, dass Donn immer wieder los durfte! Nach zwei Stunden schaltete der junge Ritter in den Ruhemodus und schlief die nächsten zwei Stunden aus!

Noch ein Tipp: Ruhe kann man belohnen! Aus einer Dose gab es Saftfutter! Für den wiederkehrenden Donn wurde es ebenfalls gereicht. Dafür nehme ich einen Esslöffel und schleudere einige Portionen um den Sitz herum. Bricht der „Jagende“ die Arbeit ab, dürfte es ein zusätzlicher Anreiz sein, zurückzukehren, um die Suche – diesmal nach Nahrung - beim „Alten vor der Haustür“ fortzusetzen. Man sollte das alles aber erst kurz vor erwiesener Rückkehr (auch zu sehen auf dem Ortungsgerät) vornehmen. Wir laufen sonst Gefahr, dass alle jagenden Hunde – sehr zur Freude des Wildes und zum Ärger des Jagdherrn - sich zur Nahrungsaufnahme bei uns am Sitz einfinden!!

Schimanski wird noch etliche Male in der beschriebenen Form auf den Stand mitgenommen. Irgendwann wird es eine Situation geben, in der ich sage: Jetzt aber los!

Natürlich bringen wir Hundeführer auch Opfer, wenn wir unsere Hunde vom Stand aus schnallen! Der Focus ist nicht konzentriert genug auf die Beute gerichtet und einiges geht uns durch die Lappen.

Zum Trost: Es wird immer wieder Pannen geben. Wenn das Wild uns förmlich umläuft, brennen unserem Gefährten auch mal die Sicherung durch!

 

Zum Einjagen des jungen Hundes und dem damit verbundenen ersten Schnallen auf Drückjagden empfehle ich die Rubrik „Jagdbetrieb“ auf dieser Homepage!