Hasenspur

 

Der Einsatz der Hundenase auf der Hasenspur – bestenfalls auf nacktem, staubtrockenem Acker bei steifer Brise – ist für viele die Königsklasse der Hundearbeit. Das „Brackenerbe“ in unserer Hunderasse lässt uns immer wieder Leistungen sehen, die wie ein Wunderwerk der Natur anmuten. Wir, die Menschen, glauben zu wissen, dass die vom Hasen auf dem Feld hinterlassene Witterung sich von anderen „Geruchsangeboten“ für die Hundenase wie - Krankwitterung vom angeschweißten Wild, Fluchtwitterung vom Schalenwild oder auch unsere Führerfährte - dramatisch unterscheidet: Die „Hasenspur“ erscheint wenig intensiv und extrem flüchtig. Das geringe Gewicht des Hasen, aber auch der mäßig anhaftende Geruch (genug für die eigenen Artgenossen, zu wenig für die Fressfeinde) verlangen der Hundenase Höchstleistungen ab. Unterschiedliche Bodenstrukturen, Bewuchs und besonders die Witterungsbedingungen haben maßgeblichen Einfluss auf die Qualität der duftigen Hinterlassenschaften. Zu allem Überfluss scheinen Hasen auch noch unterschiedlich zu „stinken“, was die Beurteilung der Nasenleistungen unserer Hunde nicht einfacher macht.

 

Ähnlich den Leistungen eines Sportlers entscheidet nicht nur das Umfeld über die gezeigten Ergebnisse sondern auch das Vermögen des Hundes, welche Bilder abgerufen werden können.

An diesen Fähigkeiten unserer Hunde lässt sich etwas „richten“! Da ist zum einen, was das Individuum anlagetechnisch mitbringt, zum anderen, was wir über Übungen und einer entsprechenden Technik in dem Fach „Hasenspur“ verbessern können.

 

Wichtige Regeln und Ratschläge zur Arbeit auf der Hasenspur:

  1. So früh wie möglich den Hund mit der Witterung des Hasen vertraut machen. Es wäre nicht verkehrt, wenn das gelänge, bevor der Hund Witterungen von anderem Wild kennenlernt. Hasen nutzen: Bei Reviergängen- und fahrten den jungen Hund konsequent fordern und fördern, indem er immer wieder direkt auf eine Hasenspur gesetzt wird.
  2. Grundsätzlich den Hasen nicht sichtig arbeiten lassen. In Ausnahmefällen – Unbedarftheit, Lustlosigkeit, zurückhaltender Laut – kann es richtig sein, den ablaufenden Hasen einmal vom Hund eräugen zu lassen.
  3. Nicht an der Sasse ansetzen! Ausnahmen ähnlich wie bei Punkt 2.
  4. Anfangs den Hund unterstützen, indem wir ihn anleiten und begleiten.
  5. Eile ja, Hast nein! Wie beschrieben ist die Duftspur des Hasen sehr flüchtig, insofern zählt jede Sekunde. Hektik bewirkt aber häufig das Gegenteil – sie verwirrt den Hund und lässt uns Fehler machen.
  6. Sicheres Anleiten des Hundes setzt genaue Recherche voraus: Die ersten hundert Meter des ablaufenden Hasen genau ins Auge fassen und dann erst den Hund ruhig ansetzen.
  7. Die Verwendung einer Ablaufleine kann förderlich sein, aber auch behindern. Ein gutes Zusammenspiel zwischen Führer und Hund ist vorteilhafter.
  8. Hoch talentierte Hunde, die sofort einige hundert Meter über mehrere Minuten arbeiten, brauchen weniger Übungshasen als Hunde, die sich erstmals oder anhaltend schwer tun. Es kann richtig sein, Hunde bis zum Prüfungsgeschehen zehn oder mehr Hasenspuren arbeiten zu lassen.
  9. Winterliche Einsätze im harten Drückjagdgeschehen können, müssen aber nicht konterproduktiv für die Frühjahrserfolge am Hasen sein.
  10. Wir sollten einplanen, dass der Hund nach erfolgter Arbeit ohne Ablenkungen zu uns zurückfinden kann (Straßen, Spaziergänger!).
  11. Unser Einfluss: Anfangs stumme Hunde können später oder auch - direkt auf der Spur - spät laut werden. Lenken können wir das nicht! Hat sich das Lautverhalten einmal eingependelt, wird es sich nicht mehr gravierend ändern. Zwischen Nasenleistung und Willen ergibt sich ggf. ein Zusammenhang: Ein großer Wille kann die Schwäche der Nase kompensieren. Während wir an der Nase nichts „drehen“ können, lässt sich der Wille durch die Freude an der Arbeit fördern. Bei fehlendem Willen hingegen nützt auch die beste Nase nichts!
  12. Steigerungen: Man kann die Schwierigkeiten steigern, indem man den Hund gezielt spät ansetzt oder schwierige Bedingungen (Kälte, Hitze, blanker Acker) ansteuert. Schnee und gefrorener Boden verbieten sich nicht, sondern erhöhen den Übungseffekt.
  13. Nächtliches Üben: Im Scheinwerferlicht ablaufende Hasen nutzen. Der Effekt ist unglaublich. Unsere Hunde stören sich nicht an der Dunkelheit – sie können sich besser konzentrieren und ihre Leistungen damit deutlich verbessern. Zusätzlich bedarf es aber Übungseinheiten bei Tageslicht um den Prüfungsabläufen gerecht zu werden.
  14. Als Führer sollte man sich einmal ohne Hund vor Ort mit dem Prüfungsgeschehen vertraut gemacht haben.
  15. Ablenkungen: Viel interessanter als der „anonyme Hase“ kann die abstreichende Krähe sein. Das „Vögeljagen“ junger Hunde weitet sich häufig problematisch aus. Ein Tipp: Einige Male einen Silagehaufen mit Krähenschwarm ansteuern und dabei dem Hund klarmachen, was wir nun wirklich nicht wollen...!
  16. Übungshasen so viele wie nötig, so wenige wie möglich! So spaßig es auch sein mag, einem „Phantom“ auf seinem Duftschweif nachzujagen - manch ein "Fiffi" verliert dabei schnell die Lust! Also nicht übertreiben, es darf kein Sport werden!
  17. Die Hunde brauchen für diese Arbeit eine gute Konditionierung: Schnieke fette Sofahunde, womöglich noch mit vollem Bauch, können genetisch noch so gut aufgerüstet sein - vorwärts müssen sie schon irgendwie kommen!
  18. Anlässlich des Prüfens auf der Hasenspur kommt es vor, dass Hasen gearbeitet werden müssen, die u.a. auch die Führerfährte kreuzen. Erfahrene Richter honorieren es, wenn die Hunde dann unbeirrbar am Spurverlauf festhalten. Sicherheitshalber sollten wir Übungen auf Führerfährten und Schleppen einige Monate vor der Prüfung einstellen.
  19. Warn- oder Schutzwesten am Körper des auf der Spur eingesetzten Hundes stellen keine übertriebene Sicherheit da (Straßen!). Zu mindest beim Üben kann auch das GPS Ortungssystem interessante Anhaltspunkte liefern.
  20. Das Auftreten vom Gespann Führer/Hund sollte auf der Prüfung fair und rücksichtsvoll sein. Die Hunde, die nicht direkt im Einsatz sind, müssen ruhig am Führer gehalten werden. Den mittelbaren und unmittelbaren Weisungen von Richtern und Revierführern sind Rechnung zu tragen.
  21. „Darm und Magen leer, so fällt die Spur nicht schwer“. Also: Gedrosselte Futterzufuhr einige Tage vor der Prüfung („Hunger macht Lust aufs Jagen“, sprach der Wolf zum Rotkäppchen!)! Ferner sollte der Hund vor dem Fach Auslauf  und damit die Chance haben, sich zu lösen. Geschieht Letzteres erst während der Arbeit auf der Spur, geht wertvolle Zeit verloren.
  22. Auf ein Wort: Gelegentliche Störungen der beschriebenen Art sind für Hasen kein Problem. Er merkt sehr schnell, dass dieses Tun ihm nicht an den Kragen geht! Trotzdem sollten wir diese Beunruhigungen maßvoll vornehmen.
  23. Bei aller „Weisheit“ meinerseits: Mit meinem „Hund am Hasen“ fühle und benehme ich mich im Prüfungsstress immer mal wieder wie ein dummer Junge. Es gibt kein anderes Fach, in dem wir so von äußeren Faktoren und vom Glück abhängig sind. Inwieweit es richtig ist, unsere Zucht auch von diesen Faktoren abhängig zu machen (für die Zuchtfähigkeit unserer Hunde benötigen wir hier gute Noten) ist ein anderes Kapitel!

     

    Februar 2013