November 2015

 

 

Alexander Busch, 2. Vorsitzender der Landesgruppe Niedersachsen im VDW, Züchter von DW, Drückjagdexperte und last not least anerkannter Autor hat seinen Artikel  über die Ausbildung unserer Hunde als Solojäger ins Netz gestellt! Sehr aufschlussreich und empfehlenswert!

 

 

Hier klick zum Artikel von A. Busch!

  http://www.hubertus-fieldsports.de/wissen/ausbildung-eines-stoberhundes/

 

Meine Stellungnahme:

 

 

„Hallo Alexander!“

 

Wenn ich an dieser Stelle zum Artikel von A. Busch Stellung nehme, soll es nicht Besserwisserei sein.

 

Vorweg: Viele Wege führen nach Rom! Der von A. Busch ist ein guter und sicherer.

 

1. In über 30 Jahren habe ich mehr als 30 Hunde geführt und abgerichtet. Zwei Drittel dieser Hunde verstanden es, mich während oder nach dem Treiben wieder aufzusuchen. Warum der beachtliche Rest darauf regelmäßig verzichtet hat, ist mir ein Rätsel, da ich grundsätzlich alle meine Hunde ähnlich behandele.

Einem „normalen“ Wachtelmann kann es vergönnt sein, in drei Jahrzehnten mit nur drei Hunden gejagt zu haben. Vielleicht hat er den ersten als ausgewachsen, fertig ausgebildeten Vierbeiner übernommen, der zweite wurde nicht richtig geprägt und der dritte ist (so wie ich!) mit einem schlechten Orientierungssinn ausgestattet. Somit hatte hier ein braver Jäger über drei Jahrzehnte Hunde, die das „Heimkehren“ ignorierten. Wir sollten solche Mitjäger mit ihren Jagdhelfern nicht abstempeln, zumal die Ursachen für das mangelhafte Zurückfinden (-wollen) nie ganz zu durchleuchten sind.

Die Aussage von A. Busch, dass der Hund „mit uns und für uns“ jagt, ist nur teilweise richtig. Die in unseren Regionen groß angelegten Drückjagden verlangen von uns ab, dass wir mit unseren Hunden für alle jagen. Unter diesem Blickwinkel kann ein Hund, der während des Treibens nicht zurückkehrt, dafür aber einen Großteil der Jagd großflächig intensiv abjagt, mehr Nutzen bringen, als ein fleißiger „Wiederkehrer“.

Erschöpfung ist bei den weitjagenden „Freibeutern“ häufig ein Grund, den Dreh zum Zurückkehren nicht zu finden.

 

2. Statt früh mit der Futterschleppe anzufangen, empfehle ich „ab sofort“, also mit 9 Wochen schon die Führerfährte (<<anklicken). Wenn letztere als sechsspurige Autobahn anzusehen ist, dürfte eine Futterschleppe (Logisch: Mit Führerfährte gratis) eine zwanzigspurige Autobahn sein. Beide kann man spielend befahren, Wollen und technisches Können vorausgesetzt.

 

3. Besonders erfreulich ist, dass A. Busch immer wieder – wie beispielhaft bei der Standruhe – auf den Grundappell eingeht. Auch ist der Hinweis Gold wert, kritische Situationen zu provozieren um einen Hund verhaltenssicher zu machen (Beispiel: Anschneiden).

 

4. Die Einarbeitung im Schwarzwildgatter (<<anklicken) sehe ich kritisch. Learning by Doing! Fast alle meine Hunde haben innerhalb ihrer ersten drei Lebensjahre das Jagen am Schwarzwild erlernt – ohne jemals im Schwarzwildgatter gewesen zu sein. Schon unsere „Jagdtechnik“ – durchaus mal sechs Stunden Autofahrt, um drei Stunden zu jagen - ist immer wieder zu hinterfragen. Nun auch noch viele Stunde im Auto zu sitzen, um den Hund wenige Minuten an die Sau zu führen, ist diskussionswürdig. Besonders dann, wenn es auch ohne geht (s.o.). Irgendwann sollten wir auch beim Jagen auf unsere persönliche CO ² - Bilanz achten!

 

Vor kurzem habe ich einen jungen Rüden (neun Monate) aus meinem S – Wurf zurückgenommen. Als sich vorgestern auf einer Jagd im Solling die Treiber näherten,  konnte ich hören, dass eine Sau sich hinter meinem Stand drückte. Sie wollte offenbar die breite Schneise nicht überqueren. Ich schnallte den unter meinem Stand abgelegten Jungspund. Er jagte die Sau ca. fünf Minuten zwischen Treiberwehr und Schneise, bis sie schließlich die Schneise überfiel. Der Rüde sackte erschöpft vor meinem Stand nieder. Da ich zwischenzeitlich zwei Sauen strecken konnte, schickte ich ihn zum Ende des Treibens Richtung des erlegten Wildes. Er ignorierte die auf der Schneise stehenden Treiber, schlug sich abermals seitlich in die Dickung, machte eine weitere Sau hoch und jagte sie ca. 300 m aus dem Treiben um dann sicher zurückzukehren, wieder ohne den Treibern und Hunden einen Blick zu gönnen.

Fazit: Eine mehr als glückliche Situation, da der Rüde – erstmalig auf einer Wildfährte – erfolgreich am Schwarzwild jagen konnte. Tausendmal mehr wert als eine gekünstelte Situation im Schwarzwildgatter, für die vergleichsweise jeweils zwei An – und Abfahrten nötig gewesen wären (für mich in Summe 600 km).

 

 

5. Für besonders wichtig halte ich es, mit den jungen Hunden immer wieder in den Einzeljagdmodus (<<anklicken) zu verfallen: Rein ins Revier, den Hund zum Stöbern schicken, jagen lassen, warten bis er wieder kommt, anleinen, fertig!

Ich habe beobachtet, dass einem Teil unserer Hunde der Ausblick auf die Beute – also das Hinterherjagen – mehr Freude macht, als schließlich an der Beute anzukommen. So ist mein Rüde richtig beleidigt, wenn er an das von mir erlegte Wild ankommt (Tennisspielen machte mir auch immer mehr Spaß als die anschließende Preisverleihung).

 

6. Zurzeit habe ich eine junge Hündin, die ca. 30-mal im Revier „abhauen“ durfte. Tolles Stöbern, langes Jagen, sicheres Zurückkommen. Auf den diesjährigen Drückjagden fällt ihr das Wiederkehren schwer. Höre ich schließlich, wo sie überall vorbei schaute, wie weit und erfolgreich das Jagen war, frage ich mich, ob ich es (als Hund!) wohl anders oder besser machen könnte.

 

Heute, am 2.11.2015 hat die junge Dame sofort Wild gefunden, es nach Garmin – Überwachung 2,5 km weit fortgebracht. Sie wurde mir direkt im Anschluss des Treibens mitgebracht. Nach Aussage einiger Jäger, hat sie in dem von mir ca. 3 km entfernten Dickungsbereich zwei Stunden ausgiebig am Wild gejagt.

 

Noch ein Vergleich gefällig? Einen  19 - jährigen Mann zu empfehlen, eine weit entfernte, angesagte DisKo zu besuchen und gleichzeitig zu verlangen, vor Mitternacht wieder zu Hause zu sein ist doch wohl paradox!?

 

Natürlich wäre es wichtig, züchterisch ein Augenmerk auf den Orientierungssinn zu richten. Nur der Laie kann nicht wissen, was ein Züchter ohne diesen Faktor schon alles im Blick haben muss. Eine zusätzliche Selektion auf dieses wünschenswerte Merkmal heißt eine weitere Verengung unserer Zucht (genetischer Flaschenhals) und u.U. die Verdrängung anderer wichtiger Eigenschaften (bspw. Gesundheit, Wesen).

 

Wir sollten intensiv und sicher jagenden Hunden gegenüber tolerant sein. Das großflächige System der heutigen (revierübergreifenden) Jagden und unsere Ortungssysteme erlauben uns eine solche Einstellung, während ein enges Straßennetz weite Stöberer besonders stark gefährden. Entscheidend ist der Gesamterfolg der Jagd, verbunden mit einem unfallfreien Verlauf, wozu am Ende des Jagdtages ein sicherer Gewahrsam unserer großartigen Jagdhelfer gehört.