Schussfestigkeit

 

 

Ein schussfester Hund ist für den jagdlichen Einsatz und auch für den täglichen Umgang unverzichtbar. Schussscheue und Schussempfindlichkeit müssen züchterisch bekämpft werden. In der Prüfungsordnung unseres Vereins ist klar ausgewiesen, wie diese Erscheinungsbilder prüfungstechnisch* einzustufen sind.

 

Die Feststellung auf Schusfestigkeit sollte so unspektakulär wie möglich sein. Das könnte so ablaufen: Anlässlich eines Revierganges laüft der junge Hund ca. 40 m vor uns auf einem befestigten Weg. Wenn er sich optisch nach vorne, also weg von uns, orientiert, wird ein Schuss aus der Flinte in die Luft abgeben. Der Hund sollte sich unbeeindruckt zeigen. Kommt er zurück, wird er freudig empfangen und wieder euphorisch motiviert, abermals vondannen zu ziehen. Das Prozedre wird einmal wiederholt, so dass der Führer sicher sein kann, dass keine Empfindlichkeiten bestehen. Das reicht dann als Testlauf für die Prüfung!

 

Wie aber gehe ich mit Hunden um, die Anzeichen von Schussempfindlichkeit oder Schussscheue zeigen???

 

Man stelle sich vor, die Anlagen des Hundes sind in einer Kommode untergebracht. Es gibt große und kleine Schubladen, versteckte und auch solche, die sich leicht öffnen lassen, bzw. klemmen – oder nur zu bewegen sind, wenn andere gleichzeitig herausgezogen werden. In jeder Kommode gibt es ganz unten eine kleine, mehr oder weniger fest sitzende Schublade mit der Anlage „Schussscheue“. Nicht selten ist es so, dass es eines kleinen „Erdbebens“ bedarf, um sie überhaupt öffnen zu können. Aber: Es gibt auch Fälle, in denen sie – prallgefüllt – fast von alleine aufgeht und dabei die übrigen Schubladen stark beschädigt.

 

Erste Zeichen für eine Empfindlichkeit lassen sich schnell feststellen: Es ist das laute Zuschlagen der Autotür, das Herunterfallen eines Werkzeugs oder das Klatschen der Hände – alles das kommt dem Hund unheimlich vor. Der routinierte Züchter bereitet die Welpen bereits im häuslichen Umfeld mit der schussneutralen, - oder besser noch am Schießen sehr interessierten - Hündin vor. Anlässlich positiver Reize – Fressen, Spielen, Reizangel – werden erst aus der Ferne, später aus nächster Nähe – Geräusche produziert, die die Welpen eingangs irritieren. „Tut sich weiter nix“, bleibt also auch die Mutter „locker“, gewöhnt sich das Rudel schnell an fast alles – bis hin zum Rasenmähen oder das direkte Geräusch einer Motorsäge.

 

Der unvermeidliche Orts- und Führerwechsel stellt den kleinen Hund vor große Herausforderungen. Im Wesentlichen fehlen ihm der Rückhalt des Rudels, der Mutter und die gewohnte Umgebung. Jede Form der Selbstsicherheit kann hier – hoffentlich nur vorübergehend – verloren gehen. Man ist gut beraten, den jungen Mitbewohner ähnlich schonend an Geräusche heranzubringen, wie es oben beschrieben ist. Zeigt der junge Hund Verhaltensstörungen muss man handeln.

 

Die Übergänge von „Empfindlichkeit“ zur „Scheue“ – oder umgekehrt – sind fließend! Häufig verkriechen sich schussscheue Hunde bei Gewitter zitternd in den letzten Winkel. Hunden mit solchen gravierenden Verhaltensstörungen ist nur schwer oder gar nicht zu helfen.

 

Auf keinen Fall darf Schussfestigkeit „trainiert“ werden: Das Wiederholen oder Beibehalten starker Geräusche führt dazu, dass sich die beschriebene Schublade immer weiter öffnet. Sofern jemand die Erfahrung fehlt, mit den konkreten Warnzeichen oder Verhaltensweisen umzugehen, sollte er sich Rat vom Fachmann holen! Es ist nicht unwahrscheinlich, ein derartiges Fehlverhalten korrigieren zu können. Es braucht allerdings viel an Zeit, Geduld und Geschick – das ist durchaus mit einer therapeutischen Behandlungsweise zu vergleichen!

 

Angesichts der Probleme mit Schussscheue bei Hunden – es fängt an mit dem Knall, geht weiter über den Waffenanschlag, das Betätigen des Verschlusses bis hin zum einfachen Halten der Waffe – sind Problemhunde wie Knautscher, Totengräber oder Anschneider Peanuts!

 

Tipp: Lassen Sie Ihren Hund (ob jung oder alt) zum Jahreswechsel in den Tiefen Ihres Kellers - bei klassischer Musik (Beethovens 9.) - verschwinden. Alternativ: Hund in das Auto, Auto in die Garage, Radio an, Tor zu (sofern sie dabei den Motor laufen lassen, erledigt sich das mit der Schussscheue auch, aber nur „suboptimal“)!

 

 

 

*Ich teile nicht die Meinung, dass ein Hund mit Schussscheue zwingend auch einen Wesensmangel hat. Unsere PO schreibt allerdings einen entsprechenden Vermerk im Prüfungszeugnis vor. Die Ursache für ein derartiges Verhalten kann ein traumatisches Erlebnis sein („Erdbeben“), welches einen wesensstarken Hund ehemals stark beeinflusst hat. Als Vergleich: Ein Mensch, der in einer Sparkassenfiliale eine Schießerei miterlebt hat, wird vermutlich zeit seines restlichen Lebens eine veränderte Einstellung zu Knallgeräuschen haben. Für mich eher eine nachvollziehbare Erscheinung als eine Wesensschwäche.