Große Klappe, fehlende Schärfe
Aus dem großen Lager der Jäger, die keinen brauchbaren Jagdhund führen, aber auch von den Kollegen aus dem Terrier-, Teckel- oder Brackenlager kommt immer wieder Kritik am Deutschen Wachtelhund auf. Dazu eine Lebensweisheit vorweg: Fleißige Menschen fallen eher auf als faule! Bei den von uns eingesetzten Jagdhunden ist das nicht anders! Heute, wie auch vor vielen Jahren, ist es der zeitweilig „zu lockere Laut“, der das Ohr des weniger geneigten Jägers belastet. Oft ist es scheinbar gar nichts, manchmal die schon seit Stunden erkaltete Rehwildfährte und nicht selten auch die Spur des vierbeinigen Kollegen, die den einen oder anderen Wachtel animiert, „die Klappe aufzureißen“. Die Kritik daran ist in manchen Fällen nicht unberechtigt. Wie schon beschrieben, brauchen wir den Spur– oder Fährtenlaut am Wild, und zwar in optimaler Ausprägung. Leider macht es uns die Genetik nicht so einfach. Wann immer nah am Optimum gezüchtet wird, kann es leicht ins Gegenteil umschlagen. Zudem wissen wir seit Gregor Mendel, dass die Verpaarung von stummen mit sehr lauten Hunden, neben Individuen mit gewünschter Lautintensität auch wieder stumme und sehr laute ergibt. Und selbst die Exemplare mit dem gewünschten Laut tragen in der Regel noch beide unliebsamen Varianten im Erbbild. Der DWV gibt sich mit seinen Züchtern alle Mühe, dieses negative Erscheinungsbild in den Griff zu bekommen. Ganz wird es uns wohl nicht gelingen, weil auch andere Faktoren – wie Gesundheit, Wesensfestigkeit, Nase oder Schärfe – berücksichtigt werden müssen.
Die Schärfe – Lieblingsthema fast aller Hundeleute – ist unabdingbar für alle eingesetzten Jagdhunde, vielleicht mit Ausnahme der reinen Hühnerhunde. Hunde aller Jagdhunderassen habe ich schon mit Löwenherzen an Sauen, Raubwild oder Raubzeug kämpfen sehen. Genauso viele Hunde konnte ich schon beim „Schwanz einkneifen“ beobachten. Es sind natürlich auch beide Sorten bei den Wachteln vertreten. Ich persönlich verzichte gerne auf das letzte Bisschen Schärfe, nicht zuletzt zum Schutz meiner Hunde. Es bedarf einer „intelligenten Schärfe“, die dem Hund hilft zu bemerken, wann es für ihn lebensgefährlich wird. Letztlich sollte der Hund nicht als Waffe verstanden werden, um dem Wild habhaft zu werden, vielmehr als Mittel zum Zweck, das Wild vor die Waffe des Jägers zu bekommen. Ähnlich verhält es sich mit den Treibern und eventuellen Durchgehschützen: Sie haben in erster Linie die Aufgabe, den anstehenden Schützen das Wild zu zutreiben.
Das System muss stimmen
Gleich wie sich ein Jagdleiter entscheidet: – Werden Treiber und Durchgehschützen mit kurzjagenden Hunden eingesetzt, entschließt man sich für das oben beschriebene Verfahren mit den Solojägern, oder werden beide Arten, Hunde einzusetzen, kombiniert: die Zahl der Treiber und Hunde muss den Verhältnissen (Flächengröße, Gelände, Bewuchs) angepasst sein. Die Qualität der Hunde muss der Jagdleiter kennen. Griffige und zurückhaltende, kurz– und weitjagende Hunde sollten so gemischt werden, wie es der angestrebte Erfolg notwendig macht. Häufig liegt die Ursache eines Fehlschlages nicht am fehlenden Engagement von Treibern oder Hunden, sondern bei der „oberen Heeresleitung“, die es versäumt hat, Jäger, Treiber und Hunde vernünftig zu koordinieren.
Vor zwei Jahren wurde im Klosterforstamt Westerhof – in Absprache mit den Nachbarn – eine großflächige Beunruhigungsjagd durchgeführt. Auf den zweitausend Hektar des Forstamtes wurden einhundertsechzig Stück Schalenwild erlegt, davon achtzig Sauen. Eingesetzt waren nur Stöberhunde, keine Treiber. Wenn auch einige Sauen nicht bewegt sein dürften, ist dieses doch ein Beweis dafür, was solojagende Hunde vermögen. Das Wild wurde übrigens ohne Ausnahme von Mitgliedern der Jagdkorona geborgen und mit ihren Kraftfahrzeugen transportiert. Die Damen und Herren des Landesrechnungshofes wird das freuen: Kostengünstiger und effektiver kann man nicht jagen.
Egal nach welchem Prinzip gejagt wird: Allen eingesetzten Hunden gebührt großer Respekt, auch wenn es immer einmal wieder Pannen gibt. An manchen Jagdtagen werden von den kleinen Kerlen Energieleistungen erbracht, die mit unseren Hochleistungssportarten – Radsport, Marathon oder Boxkampf - zu vergleichen sind. Jeder der oben beschriebenen Hundeführer, gleich welcher „Sorte“, wünschte sich von manchem Jagdherrn und vielen der beteiligten Mitjägern mehr Anerkennung, vor allem aber Solidarität, wenn es darum geht, verlustige Hunde zu suchen, kranke Hunde medizinisch zu versorgen oder gar getötete Hunde zu beklagen. Die Hundeführer erbringen eine beachtliche Vorleistung, in dem sie bereit sind, ihre Hunde mit ihrem hohen materiellen und ideellen Wert für den Erfolg der gemeinsamen Sache einzusetzen.
Literatur zum DW:
„Der Deutsche Wachtelhund“ Rudolf Fries 1921, Neuaufl.2001 Vaduz
„Der Deutsche Wachtelhund“ Hecker Hecker, Verlag Paul Parey
„Der Deutsche Wachtelhund“ Schlemm/Schmidt Verlag Neumann – Neudamm
„Bewegungsjagden“ Helmuth Wölfel, Leopold Stocker Verlag
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