An so einem Beispiel zugegeben, es ist extrem lässt sich gut das Dilemma aufzeigen, indem wir uns befinden! Wäre bei den Hündinnen eins bis drei der satzungsmäßige und moralische Rahmen etwas weiter gefasst, hätte der Züchter vermutlich mit besserem,  gesunderem „Material" gezüchtet als bei der vierten Hündin mit augenscheinlich schlechterem. Gegenüber den Hunderassen, die schwerpunktmäßig auf „Schönheit" gezüchtet werden, zeichnen sich unsere Jagdgebrauchshunderassen dadurch aus, dass sie sich wie zum Beispiel die Schlittenhunde im praktischen Betrieb, teilweise mit körperlichen Hochleistungen, bewähren müssen. Das bedeutet Selektion der Fitness durch die abverlangte Leistung, mit dem Ergebnis, dass unsere Jagdhunde in Sachen Gesundheit wesentlich besser dastehen, als andere Hunderassen. Mut kann auch Dummheit sein! Dieses sagt sich mancher Züchter und entzieht, nicht mutig (oder nicht dumm), seine Zuchthündin dem praktischen Jagdbetrieb. Damit ist ein solcher Hund vielen Risiken nicht ausgesetzt. Meiner Ansicht nach gehört jeder noch so hochkapitale Zuchthund In den rauen Jagdbetrieb. Nur über die langen Jahre praktischen Einsatz

es bei der Stöberjagd, der Wasserarbeit oder im Naturbau ist der Beweis zu erbringen, dass der Hund genetisch organisch so ausgestattet ist, dass er diesen Hochleistungen gerecht werden kann. Erst diese Hunde werden zum Aushängeschild des Züchters. Solcher Mut und solche Risikobereitschaft sind am besten damit zu belohnen, dass Welpeninteressenten sich verstärkt nach diesen Kriterien für einen Zwinger entscheiden.

Jede Paarung von Zuchthunden selbst wenn es sich um einen Wiederholungswurf  handelt ist ein Experiment. Die erfolgsorientierte Auswertung dieser Experimente gelingt nur dem, der langfristig - also professionell - besser noch mit mehreren Hündinnen gleichzeitig züchtet. Nur so kann die Fähigkeit zum Vergleich der eigenen „Produkte“ erworben werden, also mit Züchterblick, dem vielzitierten „Händchen" für die Zucht. Man sollte nicht gleich von „Massenzucht" reden, wenn Züchter durch mehrere Würfe pro Jahr zu eigenen, tatsächlichen, Größe kommen wollen.

 

Nicht weniger wichtig sind die vielen „kleinen" Züchter innerhalb eines Zuchtverbandes! Sie sind nicht nur das Salz, sondern die „Plocken" in der Suppe, sorgen doch erst sie für die erforderliche Breite in der Zuchtbasis. Doch sie benötigen die besondere Obhut und das Augenmerk des Verbandes sowie den Schulterschluss mit den „Großen": Man ist aufeinander angewiesen!

 

Zusammenfassend bleibt die eingangs gestellte Frage nur zu bejahen. Ich möchte nochmals zusammengefasst die möglichen Wege aufzeigen:

 

1. Schulung und Fortbildung der Jagdgebrauchshundezüchter in der Technik der Hundezucht.

2.  Strikte Abkehr von der Inzucht; Betreibung von Aus - Zucht zum Wohle der Erbgesundheit unserer Hunde.

3. Verbandsgelenkte, wissenschaftlich begleitete Fremdzucht - also Einkreuzung anderer Rassen mit (hoffentlich) gesunderem Erbgut, anschließende kontrollierte Rückkreuzung.

4.  Laufende Überprüfung und ggf. Korrektur der Rahmenbedingungen für die Zucht von Jagdgebrauchshunden.

5.  Forderung und Förderung von individuellem Verantwortungsgefühl von Züchtern innerhalb ihres Ermessensspielraums durch besseren Informationsfluss und ständige Fortbildung; Diskussion und Definition des Ermessensspielraums.

6. Förderung der Variabilität in unseren Hunderassen durch mehr Akzeptanz und Toleranz; Jagdhunde sollten auch einmal „anders aussehen“ dürfen.

7. Herausstellen der Bedeutung des praktischen Jagdbetriebes mit seinen hohen Leistungsanforderungen für die Zuchtauslese und damit für die Gesundheit unserer Hunde. Ein im Verband gezüchteter Jagdhund gehört grundsätzlich nur in die Hände von Jägern!

8.  Beachtung, Berücksichtigung und Unterstützung der Wissenschaft.

 

* Mit freundlicher Genehmigung des Verlages Paul Parey, Erstveröffentlichung Wild und Hund Nr. 24/2000